Archive for Oktober 30th, 2009

Freitag, Oktober 30th, 2009 | Author:

Von Bier, Weib und Wald
Colbitz – ein Dorf in der Heide

Stolpert man beim Spaziergang am Sonntagmorgen auf dem Marktplatz über Bierleichen, die unter, auf oder neben den Holztischen genächtigt haben, ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass mal wieder Heidefest in Colbitz ist. Das Fest mit dem traditionellen Bockbieranstich und der seit 1996 zur Tradition erhobenen Krönung der Heidekönigin, ist in dem Dorf mit seinen knapp 3.400 Einwohnern der unumstrittene Höhepunkt des Jahres. Rummel, verschiedenste Konzerte, Ausstellungen und Shows, Disco im Festzelt und natürlich das Bier ziehen zahlreiche Gäste aus der Umgebung an. Doch nicht nur an diesem zweiten Wochenende im September vermarktet sich die Gemeinde, die 20 km nördlich von Magdeburg liegt, gut.

Seit den neunziger Jahren hat sich der Tourismus zu einem wichtigen Wirtschaftszweig in Colbitz entwickelt. Vorher war es die Landwirtschaft, die die Gemeinde prägte. Die an den Ort grenzende Heide bot lediglich ein Ziel für den Wochenendausflug urban gestresster Großstädter. Heute locken modernisierte Gasthöfe, Restaurants und Campingplätze auch anspruchsvolle Naturliebhaber an.

Das Forsthaus Rabensol, ein Waldgasthof mit sozialistischem Charme, liegt unweit zweier Wanderwege durch den südöstlichen Teil der größten zusammenhängenden Heidelandschaft Mitteleuropas. Naturlehrtafeln machen aufmerksam auf die hier lebenden bedrohten Tier- und Pflanzenarten. Im Herzen dieses Mischwaldes aus Kiefern und Eichen versteckt sich der größte Lindenwald Europas. Seine Fläche entspricht der der Insel Fehmarn. Diesen Teil der Colbitz-Letzlinger Heide kann man auf amüsante Weise mit einer botanischen oder historisch-mythologischen Führung – inklusive eines Überfalls durch räuberisches Gesindel – entdecken.

Macht man sich alleine auf den Weg, sollte man von diesem nicht abkommen, sonst findet man sich womöglich vor dem Kanonenrohr eines Panzers wieder. Denn ein großer Teil der Heide wird militärisch genutzt. Friedenswege der Bürgerinitiative „Freie Heide“ gegen die militärische Nutzung des Waldgebietes waren bislang erfolglos.

Dabei wäre eine natürlich wachsende Landschaft nicht nur im Interesse der Umwelt- und Tourismusverbände, sondern auch des Colbitzer Wasserwerks. Es fördert das Grundwasser, was sich in einem Becken unter der Heide sammelt, und versorgt etwa 700.000 Menschen mit Trinkwasser.

Veredelt wird das Wasser in der ortsansässigen Heidebrauerei, wo es zu „Heide-Pils“ und im Herbst auch zum traditionellen „Heide-Bockbier“ verarbeitet wird. So geben Heide und Wasser in jedem Jahr einen guten Grund zum Feiern.

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Freitag, Oktober 30th, 2009 | Author:

Ein Besuch auf dem Museumshof im Heidedorf Colbitz…

Am nächsten Wochenende ist es wieder soweit. Dann wird in Colbitz das 30. Heidefest eröffnet. Im Hof des Dorfmuseums wird dann ein Spannferkel über offenem Feuer geröstet. Doch auch wenn das Dorf nicht feiert, sind die Tore des Museumshofes für seine Besucher geöffnet. Hier taucht man direkt in das Dorfleben des 19. und 20. Jahrhunderts ein. Geht man durch das große Flügeltor, fällt der Blick zuerst auf den Steinbrunnen, eine Egge und einen Flug. Umrahmt wird der mit Natursteinen gepflasterten Hof vom Wohnhaus, den Stallungen und der Scheune. Auch ein Garten mit alten Obstbäumen fehlt nicht. Die Scheune ist das jüngste Gebäude des Gehöfts und wurde 1881 erbaut. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war der Hof ein kleiner Familienbetrieb. Mit der Gründung der DDR ging er in den Besitz der Gemeinde über und wurde in die LPG, die landwirtschaftliche Produktionsgemeinschaft, eingegliedert. Nach der Wiedervereinigung wurde dann hier das Museum eingerichtet. Die über 700 Exponate stammen entweder vom Hof selbst oder wurden von den Dorfbewohnern zusammengetragen. Sie spiegeln nicht nur das frühere Leben auf dem Lande wieder sondern verdeutlichen auch die Wichtigkeit von Forst- und Landwirtschaft in dieser Region. In der Scheune findet man neben Werkzeugen und Geräten der Forst- und Landwirtschaft eine Ausstellung zur Fauna und Flora der umliegenden Wälder. Das Wohngebäude ist auch als solches eingerichtet. Küche, Wohn- und Kinderzimmer sind liebevoll mit kleinen Details gestaltet. In der Waschküche hängen Kleider zum Trocknen. Einzelne Zimmer stellen Stücke zum hiesigen Handwerk aus. Es gibt ein Nähzimmer und Utensilien von Imker und Schuster zu sehen.
Das I-Tüpfelchen ist eine Ausstellung zur Entwicklung der Fotographie. Eng damit verknüpft ist das Leben von Johann Heinrich Schulze, dem letzten Universalgelehrten Deutschlands. Er wurde 1687 in Colbitz geboren. Schulze entdeckte die Lichtempfindlichkeit der Silbersalze und schaffte damit die Grundlagen zur Entwicklung der Fotographie. Die Entdeckung von Schulze ist auf Tafeln und mit einem kleinen Versuchsaufbau, der auch alle nötigen Chemikalien beinhaltet, anschaulich dargestellt. Außerdem sind Kameras aus dem letzen Jahrhundert zu sehen.
Wer nun noch nicht genug vom Landleben hat, sollte sich unbedingt auf den Weg zur alten Bockwindmühle machen. Sie liegt nur etwa 500 m vom Museumshof. Die Mühle ist noch voll funktionsfähig. Besonders agile Besucher können sie unter Anleitung in den Wind drehen und ihr eigens Mehl mahlen. Alle anderen können am Backstand gegenüber frischen Kuchen und Brot aus der hiesigen Bäckerei genießen.


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